Chiemgau G´schicht: Urlaubs-Highlight Segeln

Vom Winde verweht

Wolkenloser Himmel, warmer Sommerwind, motiviert kreisende Möwen über dem offenen Wasser. Skipper Sepp äugt konzentriert in die Ferne, bestimmt den Kurs – und los geht’s: Leinen los, Segel setzen, Wind beobachten. Am gegenüberliegenden Seeufer komplettieren die Kampenwand (1.669 m), Gleitschirm- und Drachenflieger das malerische Bühnenbild. Der erste Segeltörn im Leben ist wahrhaftig etwas Besonderes. Einen besseren Tag hätten wir uns dafür kaum wünschen können.

Erstes Manöver für den Segelneuling

Das Chiemgauer Ehepaar, das mich zu meiner Segelpremiere einlädt, ist ein eingespieltes Team. Seit vielen Jahren segeln Sepp und Christine zusammen. Sein Metier ist das Steuerrad, ihres sind die Leinen. Üblicherweise wären sie mit dem 32-Fuß-Schiff um diese Jahreszeit in Griechenland unterwegs. Mit beinahe zehn Metern Länge ist die Yacht nämlich bestens aufs Meer ausgelegt. Doch heuer ist Urlaub zuhause im Chiemgau angesagt. Und so zieht die „May’s” vom heimatlichen Liegeplatz in Seebruck aus los. „Wir wissen es zu schätzen, wie schön es daheim bei uns am Chiemsee ist ”, sagt Sepp und setzt zum „Kreuzen” an. Christine ergreift flink die Kurbel und holt die Leinen ein. „Klar zur Wende?”, ruft Sepp. „Klar!”, antwortet die Crew lauthals. Auf einmal fallen die Segel zusammen, es kracht, der Wind rüttelt beherzt am Boot, bis die Richtung wieder stimmt und die Segel sich wieder mit Luft füllen. Für einen Segelneuling ist das gleich zu Beginn ein ganz schön intensives Manöver.

„Über den Wind können wir nicht bestimmen, aber wir können die Segel richten.“
Die Wikinger

Südsee-Feeling im Seebrucker Hafen

Weiße Segelstoffe, die das türkise Wasser sprenkeln. Cocktails an der Strandpromenade. Es muss keine exotische Destination sein. Für eine ausgiebige Portion Segelglück, garniert mit einem wunderbaren Freiheitsgefühl, muss man nicht weiter als bis an den Chiemsee fahren. Der Gemeindehafen in Seebruck ist zwar der größte am „Bayerischen Meer”, nicht jedoch der bekannteste. Abgesehen von seinem hübschen Areal zeichnet ihn ein spezielles Charakteristikum aus: Nur von Seebruck aus genießt man als Segler bzw. Wassersportler gleichzeitig die Aussicht auf den See, die Herren- und Fraueninsel sowie die dahinter liegende Bergkette. Der gesamte Chiemseepark inklusive Chiemseebad Seebruck und Hafengelände sind zudem öffentlich zugänglich.

Vorteile des Seebrucker Hafens:

  • 7 Tage inklusive Kranbetrieb geöffnet
  • 400 Wasser- und 100 Trockenliegeplätze
  • Kostenlose Stromanschlüsse für Segelboote mit Elektromotoren
  • Sanitäranlagen mit zehn Duschen
  • Hafenrestaurant mit durchgehend warmer Küche (Fische aus dem Chiemsee!)
  • Chiemseebad Seebruck mit 20.000 m² großer, barrierefreier Liegewiese

Mit anpacken an Bord

Dass Segeln zwar eine Kunst, aber bei Weitem nicht unerlernbar ist, beweist der heutige Törn auf dem Chiemsee. Es fallen zwar zahlreiche Begriffe aus der Seemannssprache – von wenden, halsen, reffen, Luv und Lee ist da die Rede. Doch braucht man nur einen Profi an Bord, der ihrer mächtig ist. Betraut einen ein kundiger Skipper wie Sepp mit Aufgaben, kann man sofort aktiv an der Action an Bord teilhaben.

Sich als Kapitän fühlen

Segeln ist sehr familienfreundlich, nicht zuletzt weil die meisten Kinder äußerst motiviert sind, mit anzupacken und sich als Kapitäne zu fühlen. „Den Ruf, ein reines Elitevergnügen zu sein, hat das Segeln mittlerweile zu Unrecht”, so Hans Fenzl, Vorsitzender des Seebrucker Regatta Vereins (SRV), „es ist eine grandiose Sportart für jeden Interessierten. Hier im Hafen fahren die Leute mit den unterschiedlichsten Booten herum: Kleine Laser, mittelgroße Plätten, Jollen und Katamarane bis hin zu Yachten lassen sich beobachten.”

Zitat: „Die Kulisse in Seebruck ist der Wahnsinn. Du kannst aus mehreren Perspektiven dem bunten Treiben zusehen. Der Hafen ist von der Anlage her gut geschützt vor Weststürmen. Daher ist er auch für Ungeübte leicht anzusteuern.” – Hans Fenzl (SRV)

Brotzeit mit dem Hafenmeister

Wenn es gilt, ein Boot am Rastliegeplatz einzukranen, ist die Stunde des großen Mannes im karierten Hemd gekommen. Richard Friedrich ist der Hafenmeister und eine „Institution” im Seebrucker Hafen. Gemeinsam mit ihm schlendern wir zum Hafenwirt, um uns im sommerlichen Gastgarten eine kleine Stärkung zu genehmigen. Das Filet von der Renke, einem für den Chiemsee typischen Fisch, ist deliziös. Entspannt beobachten die Restaurantgäste die Boote, die im Hafen schaukeln, und nippen an ihren kühlen Drinks.

Tipp: Richard fragen!

Bald nach der Ankunft in Seebruck sollte man sich als Segler im Büro des Hafenmeisters über die Situation informieren. Fahrrinnen, Sturmwarnleuchten (zwölf am gesamten See), Ankerplätze, Ruhezonen – Richard kennt alles.

Zitat: „Erholung, Sport und Genuss – darum geht es beim Segeln. Man kocht auf dem Boot, macht ein paar Ausfahrten pro Tag und dazwischen amüsiert man sich bei anderen Wassersportarten, die am Chiemsee angeboten werden.” – Hafenmeister Richard

Genuss-To-Dos rund um den Segelurlaub

Wer segeln fährt, wohnt meist auf dem eigenen Boot. Und wen die Lust auf Abwechslung packt, der kann auch mal in einem anderen Chiemseer Hafen übernachten. Für jene, die nächtens hingegen eine „Landratte” sind, stehen in der Umgebung zahlreiche gemütliche Ferienwohnungen bereit. Diese sind in der Regel auf Segelgäste eingestellt und bieten daher Trockenräume und andere praktische Spezifika.

„Am Chiemseepark”, so heißt das 40.000 m² große Areal, in dem wir uns befinden. Auch die Gegend ringsum bietet Urlaubern eine Vielfalt an Aktivitäten. Und das ist auch gut so, denn für einen Segeltrip kommt man in der Regel zwei bis drei Wochen hierher. Abgesehen von den privaten Segelausfahrten zur Herreninsel oder zur Fraueninsel gibt auch das Festland einiges her. Idyllische Wander- und Biketouren lassen sich etwa in den 6-am-Chiemsee-Orten unternehmen. Genauso lohnend ist ein Städtetrip nach München oder Salzburg. Wer das Römermuseum Seebruck besucht, sollte auch die dortige Taverna nicht auslassen. Für Schleckermäuler steht die lokale Dotta Eisboutique im Ort bereit.

Buntes Treiben am „Bayerischen Meer”

Der Chiemsee bietet neben dem Segeln zahlreiche lohnenswerte Aktivitäten auf dem und rund ums Wasser:

  • Mit dem Chiemseedampfer „Insel-Hüpfen”
  • Bootsverleihe in Chieming, Seeon-Seebruck und Übersee
  • Floßfahren auf der Alz
  • Mehrere Strandbäder zum Chillen
  • Schlendern an Strandpromenaden
  • Stand-Up-Paddeln

Segelschein machen!

Wie kleide ich mich am Segelboot? Ist es gefährlich, wenn das Segel schwenkt? Und wie nennt man nochmal all diese Manöver? Im Kurs für den Segelschein werden nicht nur all diese Fragen beantwortet. Wichtig ist er vor allem hinsichtlich der Komponenten Umwelt, Recht und Sicherheit. Man eignet sich Know-how und Fertigkeiten an, lernt Schutz- und Ankerzonen, Sturmwarnungen, Fahrrinnen, Positionslichter und vieles mehr kennen. Wer den Segelschein erfolgreich gemacht hat, ist auch berechtigt, eine Yacht zu chartern. Für einen Kurs empfiehlt sich beispielsweise die Chiemsee-Segelschule Seebruck. Die Segel-Basics „sitzen” nach der praxisnahen Ausbildung.

Sportliche Note des Hafens: Seebrucker Regatta-Verein

Die „Sportskanone” des Hafens ist unumstritten der seit 1971 umtriebige Seebrucker Regatta Verein (SRV). Nachwuchs- und Jugendarbeit sind eines der größten Steckenpferde des Vereins, was nicht zuletzt diverse Auszeichnungen bestätigen. Außerdem richtet der SRV regelmäßig Meisterschaften aus. Die „Freitagsregatten” sind legendär!

Achtung, Laser auf der Überholspur!

Nach dem letzten Bissen Windbeutel – ein sündhaft leckerer bayerischer Nachtisch – verlassen wir den Hafenwirt in Richtung Anlegeplatz. Der Wind hat etwas zugelegt und die Crew ist motiviert, ein weiteres Mal die Segel zu hissen. Diesmal sind wir also auch etwas rasanter unterwegs. Als das Schiff zum ersten Mal eine leichte Schieflage einnimmt, geht mein Puls kurz in die Höhe, doch die Erfahrenen an Bord verziehen keine Miene. Was mir schon abenteuerlich erschien, ist offenbar ihr „daily business”.

Nun zieht plötzlich ein kleiner Laser an uns vorbei. Die mehrfache SRV-Jugendmeisterin aus Truchtlaching, Lena Straßer, lässt ihr Können beim ersten Windhauch aufblitzen. Die Profi-Show, die wir von der Yacht aus erste Reihe fußfrei genießen, ist wahrlich beeindruckend. Flink hechtet sie unterm Segel durch, von der einen auf die andere Seite, und lässt ihren Körper weit übers Wasser hinausragen. Sieht nach jeder Menge Spaß und ganz schön viel Training aus.

Zeit nehmen & in den Sternenhimmel eintauchen

Auch Sepp und Christine genießen den „Sport-Event” als Zuseher von ihrem Boot aus. Sie selbst halten es eher gemütlich. „Wir fahren ab und an die Fraueninsel an, gehen dort gut essen, baden und manchmal haben wir unsere Enkelkinder dabei. Für die Kids ist es toll, wenn wir wo ankern und uns bei einem Verleih ein Stand-Up-Paddle-Board ausborgen”, erzählt Christine.

„Segeln ist Entschleunigung. Man ist so oft gestresst von der Arbeit und anderen Dingen. Dann kommst du am Abend noch hierher, fährst raus und bist plötzlich vollkommen frei. Du hast alles dabei, was du brauchst, und fühlst dich sofort wie ein neuer Mensch.” – Skipper Sepp

Sich einlassen können und Geduld haben – wichtige Eigenschaften beim Segeln. Zeitplan und Route können nie vorab fixiert werden, weil der Wind den Ton angibt. Das Segeln lehrt einen, Zeit mitzubringen. Christine liebt Ausfahrten in klaren Nächten, bei denen sie den Sternenhimmel stundenlang in sich „aufsaugt”. Nicht zu toppen sei das Ganze übrigens bei Vollmond, erklärt uns die passionierte Sternenguckerin.